aus dem Gründungstext 1997

»Kunst dient der Reflexion
und nicht der
Repräsentation
von Gesellschaft«

»Ausgehend von der Kritik an traditionellen objekt- und präsentationsbezogenen Arbeitsweisen in der Kunst, der Interdependenzen von Künstlern, Kunstkritik und Kunstmarkt sowie aus der Frage nach Möglichkeiten der Formulierung, Dokumentation und Öffentlichmachung von Reflexionen und bestehenden Diskursen resultiert die Arbeit des [sic!] Verlag für kritische Ästhetik, der, die Möglichkeiten als wirtschaftliche Institution nutzend, als Rahmen und Kontext für die Realisierung künstlerischer, kollaborativer Arbeiten dient und dabei selbst Teil des künstlerischen Prozesses ist.

In der Erfordernis kritischer Kunst, die sich nicht im Sinne einer zunächst visuell-ästhetischen, womöglich auf bestimmte handwerkliche Tätigkeiten (medial) festgelegten, Beschäftigung versteht, sondern unter Einbeziehung eines prozesslogisch orientierten Verständnisses die Assoziation, Relativierung und Kommunikation von selektierten und aufbereiteten Erfahrungen (Wahrnehmung, vgl. Ästhetik) und Informationen betreibt (deren Inhalt selbstverständlich auch den bewußten Umgang mit und die Nutzung von tradierten künstlerischen Handlungsweisen umfassen kann) um lebensweltlich-routinierten Rezeptionsweisen konkurrierend entgegenzustehen und nicht bspw. als Surrogat ausgefallener Bedeutungsträger (wie Religion etc.) funktionalisiert zu werden, ist die Zielsetzung und die inhaltliche Tätigkeit des Verlages selbst als künstlerische Arbeit verstanden. D.h. dieses Vorgehen grenzt sich klar von der Ausrichtung einer üblichen, gewinnorientierten Verlagstätigkeit ab.

[...]

Kunst dient der Reflexion und nicht der Repräsentation von Gesellschaft (vgl. kritisch). Insofern versteht sich der Verlag als Mittler, der, eingebunden in aber nicht abhängig vom privatökonomischen System, Künstlerinnen und Künstlern, aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in ihrer Arbeitsweise die Divergenz gemeinsamen gesellschaftlichen Handelns und auf Bildungseliten und theoretische Diskurse beschränkte Erkenntnisse kritisch berücksichtigend, Möglichkeiten der Vernetzung dieser Personen, der Förderung des Diskurses, sowie der Distribution erarbeiteter Inhalte bietet. Der künstlerische Ansatz liegt also in der Initiierung und Begleitung von Prozessen, die Wahrnehmungen, Erkenntnisse und relativierendes Wissen aus der Kooperation verschiedener Disziplinen (Transdiziplinarität) direkt verfolgen.

Insbesondere die Vernetzung von Erkenntnissen wissenschaftlicher Fakultäten mit kunst- und kulturorientiert Handelnden, ohne daß diese symbolisch Wissen replizieren oder ornamental illustrierend tätig sind, ist notwendiger Schritt um die Relevanz der Kenntnis dieser Divergenz, aber auch die konkrete Bildung der Fähigkeit zur Nivellierung dieser, zu ermöglichen. Zugleich will diese künstlerisch motivierte Tätigkeit die bessere Wahrnehmung und Einbeziehung ästhetischer Kriterien und Handlungsweisen, intuitiver und kreativ-sinnlicher, sowie atmosphärisch orientierter Perspektiven des Lebens als unabdingbare, systemische Qualität von Gesellschaft erreichen. Erst die Assoziation und Relativierung sogenannter logischer, sachlicher Argumente und ästhetischer, intuitiver Wahrnehmungen ermöglicht ein ausgewogeneres Abbild und Verstehen von Wirklichkeit.

Dabei ist der Verlag nicht auf bestimmte mediale Formen fixiert, sondern wählt diese nach Kriterien der bestmöglichen Darstellung, Dokumentation und Vermittlung dieser Arbeiten und Erkenntnisse. Er ermöglicht in seiner Unabhängigkeit einigermaßen die Loslösung von sonst in der Branche üblichen, vorgeschalteten Auswahlkriterien, die eventuell Publikationen außerhalb des üblichen Disziplinenrasters entgegenstehen würden.

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Gegründet wurde der Verlag 1997 von einer Gruppe von Künstlern und (Netz-)aktivisten im Anschluß an ein Symposium, welches in New York City stattfand und sich mit den eingangs erwähnten Themen befaßte. Zu den Gründern und Unterstützern gehören unter anderem das Team von artrelated (einer seit 1985 bestehenden closed user group Diskursplattform), das AID (Artists In Discourse) Project, die W.P. Magna Foundation, sowie der Art And Context Initiative.